Monogamie, eine Seuchenbekämpfungsmaßnahme?

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Amor
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Monogamie, eine Seuchenbekämpfungsmaßnahme?

Beitrag von Amor »

Ich wohne mit einer Frau zusammen.
Wir sind uns nahe.
Ich wohne mit einer anderen Frau nicht zusammen.
Wir wahren 2 Meter Abstand.
Das bedrückt mich.

Wurde die Monogamie erfunden, um Seuchen einzudämmen?
SusaSunshine
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Re: Monogamie, eine Seuchenbekämpfungsmaßnahme?

Beitrag von SusaSunshine »

Hallo Amor.
Erstmal zu der Frage, ob Monogamie "erfunden" werden kann. Historisch gesehen hat sich Monogamie aus der Sesshaftigkeit heraus entwickelt mit dem Ziel, persönlichen Besitz in einer Erbfolge an die eigenen Nachfahren weiterzugeben. Vererbt wurde vom Vater an seinen erstgeborenen Sohn oder später in der geschichtlichen Entwicklung an mehrere Söhne. Töchter wurden in der Erbfolge entweder nicht berücksichtigt oder gegenüber den Söhnen zurückgesetzt. Bedeutsam ist, dass die Erbfolge sich auf Söhne bezieht, die innerhalb einer Ehe gezeugt wurden und nicht an unehelich gezeugte Söhne. Das Kriterium war nicht biologische Vaterschaft sondern rechtliche Vaterschaft. Noch heute ist vom Abstammungsrecht her so, dass innerhalb einer Ehe gezeugte Kinder per Gesetz als die leiblichen Kinder des Ehemannes gelten. Bei ausserehelich geborenen Kindern bzw. unverheirateten Müttern muss die Vaterschaft offiziell per Vaterschaftsanerkennung vom Mann bestätigt oder in einem aufwändigen Verfahren gerichtlich festgestellt werden. An die Vaterschaft gebunden sind Rechte der geringer verdienenden Elternteile, oftmals der Mütter sowie der Kinder. Als Beispiel sei hier die Zahlung von Unterhalt genannt.

Die Monogamie ist zwar eine soziale Konstruktion, jedoch ist die Frage, wie verbreitet Monogamie in einer Gesellschaft ist, in der es so eine hohe Anzahl von Seitensprüngen bzw. Affären gibt?
Gibt es Monogamie als soziale Wirklichkeit überhaupt?
Als Ideal, als Anspruch und als Treueversprechen existiert Monogamie.
Welchen Zweck erfüllt dieses Versprechen, wenn in einer utilitaristischen Ethik das größtmögliche Glücksempfinden durch offen empfundenes sexuelles Begehren erreicht werden kann sowie Sexualität zu mehreren Partner_innen als natürlich und frei gilt?

Ehe, Familie, Erziehung, häusliche Traditionen wie (kirchliche) Feste, auch das Führen von Beziehungen sind Entwicklungen, die von Intelligenz zeugen und zu Kulturtechniken weiterentwickelt wurden.
Diese Kulturtechniken sind in westlichen Ländern eng mit christlichen Traditionen verknüpft. Die christliche wie auch andere Religionen führen Debatten und Diskurse über Sünde, Moral und sittliches Verhalten. Oftmals ist eine offene und freie Art des Umgangs mit Sexualität schambehaftet und wird nicht als Teil der menschlichen Weiterentwicklung und ebenfalls als eine Kulturtechnik verstanden, die eine Daseinsberechtigung hat..

Monogamie als sozialer Anspruch kann als eine Art Verhaltenskontrolle verstanden werden, die sehr wirkungsvoll über Moral, Angst um Ansehen sowie Verlust des eigenen gesellschaftlichen Status ausgeübt wird.
Dazu passt das Thema Corona, da es hierbei auch um Angst und um Kontrolle geht, Kontrolle darüber, dass eine ganze Gesellschaft zum eigenen Schutz soziale Distanz wahrt. Moral und sogenanntes anständiges Verhalten sind auch hier starke Werkzeug, um diese Kontrolle innerhalb einer Gesellschaft aufrecht zu erhalten.

Herzensgrüße
Susa
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Amor
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Re: Monogamie, eine Seuchenbekämpfungsmaßnahme?

Beitrag von Amor »

Hallo Susa!
SusaSunshine hat geschrieben: Mi Apr 08, 2020 11:45 pm ... Historisch gesehen hat sich Monogamie aus der Sesshaftigkeit heraus entwickelt mit dem Ziel, persönlichen Besitz in einer Erbfolge an die eigenen Nachfahren weiterzugeben. Vererbt wurde vom Vater an seinen erstgeborenen Sohn oder später in der geschichtlichen Entwicklung an mehrere Söhne. Töchter wurden in der Erbfolge entweder nicht berücksichtigt oder gegenüber den Söhnen zurückgesetzt. Bedeutsam ist, dass die Erbfolge sich auf Söhne bezieht, die innerhalb einer Ehe gezeugt wurden und nicht an unehelich gezeugte Söhne. Das Kriterium war nicht biologische Vaterschaft sondern rechtliche Vaterschaft. Noch heute ist vom Abstammungsrecht her so, dass innerhalb einer Ehe gezeugte Kinder per Gesetz als die leiblichen Kinder des Ehemannes gelten. Bei ausserehelich geborenen Kindern bzw. unverheirateten Müttern muss die Vaterschaft offiziell per Vaterschaftsanerkennung vom Mann bestätigt oder in einem aufwändigen Verfahren gerichtlich festgestellt werden. An die Vaterschaft gebunden sind Rechte der geringer verdienenden Elternteile, oftmals der Mütter sowie der Kinder. Als Beispiel sei hier die Zahlung von Unterhalt genannt.
Richtig, wenn es Besitz gibt, ist eine Definition von Unterhaltpflichten und Erbrechten notwendig.
Hierfür ist die Institution einer monogamen Ehe eine einfache Möglichkeit.
Unterhaltspflicht und Erbrecht fügt sich in eine soziale Vaterschaft.
Die genetische Vaterschaft ist hierfür ohne Belang.

Monogamie als "Einehe" ist also klar.
Aber was ist mit Monogamie im Sinne von sexueller Exklusivität, der Tabuisierung außerehelicher Beziehungen, dem Distanzgebot in außerehelichen Beziehungen?

Ein Tabu hat mit großer Angst zu tun. Sie kann vielleicht in der Angst vor einer tödlichen Krankheit ihren Ursprung haben.
SusaSunshine hat geschrieben: Mi Apr 08, 2020 11:45 pm Welchen Zweck erfüllt dieses Versprechen, wenn in einer utilitaristischen Ethik das größtmögliche Glücksempfinden durch offen empfundenes sexuelles Begehren erreicht werden kann sowie Sexualität zu mehreren Partner_innen als natürlich und frei gilt?
In der jetzigen Coronazeit leistet das Exklusivitätsversprechen den Schutz vor einer potentiell tödlichen Krankheit.
SusaSunshine hat geschrieben: Mi Apr 08, 2020 11:45 pm Ehe, Familie, Erziehung, häusliche Traditionen wie (kirchliche) Feste, auch das Führen von Beziehungen sind Entwicklungen, die von Intelligenz zeugen und zu Kulturtechniken weiterentwickelt wurden.
Diese Kulturtechniken sind in westlichen Ländern eng mit christlichen Traditionen verknüpft. Die christliche wie auch andere Religionen führen Debatten und Diskurse über Sünde, Moral und sittliches Verhalten. Oftmals ist eine offene und freie Art des Umgangs mit Sexualität schambehaftet und wird nicht als Teil der menschlichen Weiterentwicklung und ebenfalls als eine Kulturtechnik verstanden, die eine Daseinsberechtigung hat..

Monogamie als sozialer Anspruch kann als eine Art Verhaltenskontrolle verstanden werden, die sehr wirkungsvoll über Moral, Angst um Ansehen sowie Verlust des eigenen gesellschaftlichen Status ausgeübt wird.
Eine Religion fußt auf einer Mythensammlung, die durch Priester tradiert wird.
So dienen die Priester dem Funktionieren einer Gesellschaft. Wie soll die Gesellschaft z.B. auf eine Seuche reagieren?
Man soll z.B. aus Sodom und Gomorrha fliehen und sich auf die Kernfamilie beschränken!
SusaSunshine hat geschrieben: Mi Apr 08, 2020 11:45 pm Monogamie als sozialer Anspruch kann als eine Art Verhaltenskontrolle verstanden werden, die sehr wirkungsvoll über Moral, Angst um Ansehen sowie Verlust des eigenen gesellschaftlichen Status ausgeübt wird.
Dazu passt das Thema Corona, da es hierbei auch um Angst und um Kontrolle geht, Kontrolle darüber, dass eine ganze Gesellschaft zum eigenen Schutz soziale Distanz wahrt. Moral und sogenanntes anständiges Verhalten sind auch hier starke Werkzeug, um diese Kontrolle innerhalb einer Gesellschaft aufrecht zu erhalten.
Genau so sehe ich das auch!

Herzlicher Gruß

Amor

Leuchtturm
Linkerläuterung: Religion ist ein Leuchtturm für die Gesellschaft; Mythen, Songs sind deren Elemente.
SusaSunshine
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Re: Monogamie, eine Seuchenbekämpfungsmaßnahme?

Beitrag von SusaSunshine »

Hallo Amor,
du schreibst:
Amor hat geschrieben: Do Apr 09, 2020 9:17 am Monogamie als sozialer Anspruch kann als eine Art Verhaltenskontrolle verstanden werden, die sehr wirkungsvoll über Moral, Angst um Ansehen sowie Verlust des eigenen gesellschaftlichen Status ausgeübt wird.
[...]
Eine Religion fußt auf einer Mythensammlung, die durch Priester tradiert wird.
So dienen die Priester dem Funktionieren einer Gesellschaft. Wie soll die Gesellschaft z.B. auf eine Seuche reagieren?
Man soll z.B. aus Sodom und Gomorrha fliehen und sich auf die Kernfamilie beschränken!
Mythensammlungen sind oft Inhalt von religiösen Kulten. Jede Form von nicht-religiöser Gemeinschaft, die einen Guru hat, ist in der Lage, einen Kult bzw. eine Ideologie zu etablieren, wenn diese Ideologie von Führungspersönlichkeiten tradiert und von Privatperson zu Privatperson weitererzählt und kultiviert wird. Wichtig ist, dass alle oder ein Großteil der Gruppenmitglieder an diese Ideologie glauben. Diese Dynamik kann so stark werden, dass das Infragestellen der vorherrschenden Ideologie zum Tabu wird.
Wenn jetzt die Bevölkerung deiner Annahme folgen würde, dass die Beschränkung auf die Kernfamilie einen Infektionsschutz darstellt, wäre das, wie ich im folgenden Text noch beschreiben werde, ein Mythos. Die gesellschaftliche Realität sieht - glücklicherweise! - sehr anders aus.
Amor hat geschrieben: Do Apr 09, 2020 9:17 am Aber was ist mit Monogamie im Sinne von sexueller Exklusivität, der Tabuisierung außerehelicher Beziehungen, dem Distanzgebot in außerehelichen Beziehungen?
Ein Tabu hat mit großer Angst zu tun. Sie kann vielleicht in der Angst vor einer tödlichen Krankheit ihren Ursprung haben.
In der jetzigen Coronazeit leistet das Exklusivitätsversprechen den Schutz vor einer potentiell tödlichen Krankheit.
Meine Sichtweise darauf: Ehe und damit das Exklusivitätsversprechen gibt es nicht mehr in der Reinform, Exklusivität ist sowie in Auflösung begriffen (Stichwort serielle Monogamie). Es gibt zwar dieses Versprechen, zur gleichen Zeit nur einen Partner oder eine Partnerin zu lieben, diese Lieben sind oft kurzzeitig auf einige Jahre Dauer angelegt (Lebensabschnittgefährte) und enden häufig, sobald Begehren für einen weiteren Menschen ins Spiel kommt und bekannt wird. Scheidungszahlen wie auch Ein-Eltern-Familien alleinerziehender Menschen - bzw. nach neuer Verpartnerung Patchwork-Familien - nehmen zu. Scheidung ist keine soziale Katastrophe mehr, die die eigene Existenz bedroht, sondern wird in der Breite der Gesellschaft als realität akzeptiert, wenn auch in der Folge nicht frei von Diskriminierung.

Wäre es der Fall, dass Monogamie eine Seuchenbekämpfungsmassnahme wäre, würde die Regel für Social Distancing lauten: Nur Ehepartner_innen dürfen miteinander engen Kontakt haben. In diesem Fall wäre Monogamie oder Zwangs-Exklusivität als Seuchenbekämpfung nur dann von Sinn, wenn es wie von dir angesprochen Scheidung und Trennung ein Tabu wäre, welches gesellschaftlich so schwer wiegt, dass es Trennungsvorhaben effektiv verhindert (darauf komme ich weiter unten nochmal zurück).

Das Gegenteil ist der Fall: Das Treffen von Lebenspartner_innen ist erlaubt, ebenso der Kontakt zu Menschen der eigenen häuslichen Gemeinschaft. Diese dürfen sich in der Öffentlichkeit miteinander bewegen, ohne die 1,5 m Sicherheitsabstand zu wahren. Kinder alleinerziehender Eltern dürfen weiterhin beide Elternteile treffen, auch dann, wenn das Ansteckungsrisiko hoch ist, wenn beispielsweise ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf arbeitet. In diesen Situationen leben die Kinder ja häufig auch mit der neuen Familie des umgangsberechtigten Elternteil zusammen, die neue Familie ja wiederum möglicherweise auch in Patchwork-Konstellationen. Das führt potenziell zu einer großen Kette an Menschen, die miteinander engen Kontakt haben und das Virus wiederum aneinander weitergeben könnten, sobald einer infiziert ist.

Die Beziehungsformen, die unsere Gesellschaft hervorbringt, sind vielfältig: Monogame Ehen, Patchworkfamilien, Lebenspartner_innen, die sich keine gemeinsame Wohnung teilen, WG´s und größere Gemeinschaften, in denen Menschen in festen Gruppen unter einem Dach leben, sich Küche und Bad teilen, gemeinsam Kinder betreuen, kochen und Zeit miteinander verbringen.
Die aktuellen Regelungen spiegeln wieder, dass das exklusive Privileg der monogamen Ehe weitgehend aufgeweicht ist.
Die soziale Akzeptanz alternativer Lebensformen wird durch diese Regelungen eher noch gefestigt. Monogamie und Ehe wird nicht in herausragender Bedeutung sondern als ein Lebensmodell von vielen in der Pandemie-Bekämpfung berücksichtigt. Gerade die rechtliche Absicherung in Bezug auf das Kindeswohl, was Umgang mit beiden Elternteilen auch in der Pandemie-Zeit vorsieht, festigt Patchwork_Familien als eine gesellschaftlich akzeptierte Realität. Das gleiche gilt für Lebenspartnerschaften, die nicht im gleichen Haushalt wohnen, sie sind auch nicht der Kontaktsperre unterworfen.

Mein Fazit:
Sobald Familien und Beziehungspartner_innen in "unordentlichen" Verhältnissen miteinander leben, ist die Monogamie-Regel zur Seuchenbekämpfung nicht mehr praktikabel. Für polyamore Partner_innenschaften gibt es keinen Plan, der besagt, dass nur ein_e Lebenspartner_in getroffen werden darf. Das polyamore Szenario kommt in den Regeln zur Pandemie-Eindämmung schlichtweg nicht vor.

Mich beschäftigt vielmehr die Entstehung anderer Ungleichheiten jenseits von Monogamie und Ehe sowie die Marginalisierung von der Politik in bestimmte Kategorien eingeteilter Gruppen wie "ältere menschen" und "Singles".

Dürfen Menschen, die "alt" oder "Single" sind, innerhalb der Corona-Pandemie besuch bokommen und/oder neue Beziehungen eingehen, wenn es ein Kontaktverbot näher als 1,5 m gibt? Wer nimmt sie denn mal in den Arm?
Und wie definieren sich diese Kategorien? Ist ein Mensch Single, der seine sexuellen Bedürfnisse in einer Freundschaft plus erfüllt, sonst aber gerne alleine lebt? Dürfen sich Menschen besuchen, die miteinander eine Fernbeziehung führen?
Da sind noch einige Fragen offen...

Herzensgrüße
Susa
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Re: Monogamie, eine Seuchenbekämpfungsmaßnahme?

Beitrag von Amor »

Hallo Susa!
SusaSunshine hat geschrieben: Do Apr 09, 2020 6:06 pm Wenn jetzt die Bevölkerung deiner Annahme folgen würde, dass die Beschränkung auf die Kernfamilie einen Infektionsschutz darstellt, wäre das, wie ich im folgenden Text noch beschreiben werde, ein Mythos. Die gesellschaftliche Realität sieht - glücklicherweise! - sehr anders aus.
Ja, es ist ein Mythos; es ist wahr und falsch zugleich. Es stimmt: Wenn jeder sich mit seinen Kontakten auf die Menschen beschränken würde, mit denen er zusammen wohnt, wäre das Virus besiegt. Und ja, die gesellschaftliche Realität sieht - glücklicher- und unglücklicherweise! - sehr anders aus. Das Virus ist an unsere menschliche Lebensweise perfekt angepasst. Um das Virus zu besiegen, müssten wir unsere Menschlichkeit aufgeben.

Wir können das Virus also nicht "besiegen". Wir werden uns in hoffentlich geschickter Weise geschlagen geben und Immunität aufbauen. Diese Geschicklichkeit in der Organisation unserer Gesellschaft, die wir in Deutschland in der Gegenwart hoffentlich haben, gab es zu früheren Zeiten noch nicht und gibt es vielleicht in anderen Teilen der Welt immer noch nicht.
SusaSunshine hat geschrieben: Do Apr 09, 2020 6:06 pm Mein Fazit:
Sobald Familien und Beziehungspartner_innen in "unordentlichen" Verhältnissen miteinander leben, ist die Monogamie-Regel zur Seuchenbekämpfung nicht mehr praktikabel. Für polyamore Partner_innenschaften gibt es keinen Plan, der besagt, dass nur ein_e Lebenspartner_in getroffen werden darf. Das polyamore Szenario kommt in den Regeln zur Pandemie-Eindämmung schlichtweg nicht vor.

Mich beschäftigt vielmehr die Entstehung anderer Ungleichheiten jenseits von Monogamie und Ehe sowie die Marginalisierung von der Politik in bestimmte Kategorien eingeteilter Gruppen wie "ältere menschen" und "Singles".

Dürfen Menschen, die "alt" oder "Single" sind, innerhalb der Corona-Pandemie besuch bokommen und/oder neue Beziehungen eingehen, wenn es ein Kontaktverbot näher als 1,5 m gibt? Wer nimmt sie denn mal in den Arm?
Und wie definieren sich diese Kategorien? Ist ein Mensch Single, der seine sexuellen Bedürfnisse in einer Freundschaft plus erfüllt, sonst aber gerne alleine lebt? Dürfen sich Menschen besuchen, die miteinander eine Fernbeziehung führen?
Da sind noch einige Fragen offen...
Die Fragen sind und bleiben offen! Die Antworten muss jeder einzelne von uns immer wieder suchen, koordiniert von hoffentlich klugen und gut beratenen Politikern.

Herzlicher Gruß

Amor

Shadow On The Wall
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SusaSunshine
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Re: Monogamie, eine Seuchenbekämpfungsmaßnahme?

Beitrag von SusaSunshine »

Hallo Amor,
mir ist zu diesem Thema eine neue Frage in den Sinn gekommen.
Monogamie = eine Promiskuitätsbekämpfungsmaßnahme? Richtet sich Monogamie nicht in erster Linie an die Unterdrückung freier Sexualität? Stichwort ist hier der Einfluss der Kirche auf Sexualität, erkennbar an den Hinweisen "Missionarsstellung" oder Verbote der Sexualität in nichtehelichen bzw. vorehelichen Beziehungen. Sexualität als Ausgleich für harte Arbeit (der Männer) und zur Fortpflanzung sind ab dem Zeitpunkt der Eheschliessung gesellschaftlich legitimiert.
Der Polyamorie wird ja auch häufig Promiskuität als Motiv unterstellt.
Im Zuge von Corona wird die Verbindung von Körperkontakt und erhöhtem Infektionsschutz gezogen. Es ist erlaubt, sich zu treffen und in 1,5 m Abstand mit Mundschutz spazieren zu gehen. auch nacheinander nur nicht gleichzeitg. In diesem Fall ist ja statt von social distancing eher von physical distancing zu sprechen, was für mich bestimmte Rückschlüsse auf den Umgang unserer Gesellschaft mit Körperlichkeit und (sich aus den Rückschlüssen dazu daraus ergebend) auch über den Umgang mit Sexualität zulässt.
Herzensgrüße
Susa
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Amor
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Re: Monogamie, eine Seuchenbekämpfungsmaßnahme?

Beitrag von Amor »

Hallo Susa!
SusaSunshine hat geschrieben: Mo Mai 25, 2020 10:13 am Monogamie = eine Promiskuitätsbekämpfungsmaßnahme?
Richtig! Freie Sexualität wird mit Angst verbunden.
Von den Erwachsenen werden wir als Kinder in irgendeiner Form bewusst oder unbewusst für unsere spontanen sexuellen Äusserungen bestraft.
Und warum tuen die Erwachsenen uns als Kinder so etwas an?
Weil sie selber Angst haben! Und warum?
Weil es ihnen so beigebracht, als sie selbst Kinder waren.
Aber wie hat dieser Teufelskreis angefangen?
Als Massnahme zur Bekämpfung einer Seuche, behaupte ich.
Religion und die Kirche ist die Institualisierung dieser Maßnahme, der Bewältigung von Lust und Angst.

LG Amor

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wolfgang
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Re: Monogamie, eine Seuchenbekämpfungsmaßnahme?

Beitrag von wolfgang »

Uff, welch harter Tobac und welche Vermischung von Definitionen ....
Die Bekämpfung von "Bedrohungen" der Gesundheit und gleichwohl in Abhängigkeit von deren Wirkungen ist eine ursprünglich Frage der Erhaltung des Lebens! Ob das nun unbedingt mit der Sexualität-Körperlichkeit (Kontaktformen) vermischt werden sollte ? Ich weiß es nicht und mir stellt sich hier die einfache Frage, was denn hier die jeweilige Interessenlage sein soll ....
Mir persönlich liegt immer viel daran, dass ich etwas verstehe, damit ich damit umgehen kann !!!
Philosophie ist ein Zweig des Druchdenkenwollens und oft sehr hilfreich. Die Bekämpfung von Krankheitserregern ist nicht nur eine soziale, sondern ureigens auch des persönlichen Überlebenwollens nach der "Erhaltung" der Art und folglich verschiedene "Dinge", deren Vermischung vom jeweiligen Thema ablenkt!
Es ist wahr und bleibt damit richtig, dass natürliches (!) Verhalten dem Schutz des gesundheitlichen (also organischem) Überlebens sozialer Dringlichkeit bedarf und auch mit mehr als nur sozialen Einschränkungen verbunden ist, aber damit werden Gefühle, Bindungsemotionen und Ängste ausgelöst, welche eine Folgeerscheinung sind, aber keine Gemeinsamkeiten mit der jeweiligen Ursache haben.
Die Natur auch im Sinne ihrer Entwicklung hat ohne Einschränkung auch Viren, Bakterien und anderen unserer Gesundheit schädlichen Arten die Grundlageninteresse "Erhaltung der Art" mitgegeben und im "täglichen Kampf" ums Überleben sind soziale Maßnahmen einfach nur nötig, unabhängig der Art und Stärke .... deren Folgen sind generell unangenehm, wenn nicht gar auch dem eigenen EGO gegenüber bedrohlich, aber eine Vermischung von Ursachen, Folgen und Auswirkungen ist nicht unbedingt sachlich, oder ?
Bei all solchen Gedanken darf nicht übersehen werden, dass jede ökonomische Gesellschaftsformation vom Tauschwert (derzeit primär das Geld) dominiert wird und da sind nicht wenige "Folgen" solcher Infektionsketten in ihren Auswirkungen mehr ungerecht/infair und damit in Bezug auf Eure Diskussionsbeiträge nur allzu verständlich und auch für uns schmerzlich spürbar !!!
Ob das nun zu mehr Verständnis der Polyamorie beiträgt ? ich weiß es nicht, aber auch zweifeln darf zulässig sein ...
LG bes. hier an Euch Beide !
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